Weihnachtsmeme 2016

 

Part 4 von 4

 

von Betty, Franzi, Lara, Larissa, Lilly

 

 

Aufgabe 11: Shopping für die Autoren

 

Letztes Mal mussten die Autoren für die Schüler shoppen, nur fair, dass wir dieses Jahr den Spieß umdrehen. Die Schüler gehen für UNS  unter Aufsicht shoppen, beziehungsweise bemühen sich in Gruppenarbeit um ein Geschenk. Wie läuft die Arbeitsteilung, die Auswahl, whatever? Wie reagieren die Autoren?

 

Shopping für Betty

mit Heath, Ryan, Evelyn, Angel und Lilly

 

 

„Jetzt stellt euch nicht so an… hört auf zu quengeln… Heath, komm zu Mama an die Hand… LEG-DAS-WIEDER-WEG-ANGEL… nein, Evelyn, du darfst das nicht haben, das Budget ist begrenzt, Himmel noch mal, wo ist Ryan?“ Lilly schnaufte, zerrte Angel am Jeansbund von der Straße, bevor er von einem Bus überfahren wurde, wedelte zu Ryan, er möge sich beeilen und nahm Heath an die Hand, obwohl der als einziger gar nichts gemacht hatte. Aus Gründen. Aber hey, ihre Erziehungsmethoden.

„Ich leg mir niemals Kinder zu“, brummte Lilly. „Okay, alle sammeln… wir gehen das jetzt anders an. Eine Scheiß-Idee war das mit dem Gemeinschaftsausflug.“

 

Es war mal wieder kurz vor knapp. Natürlich. Und noch immer hatte Lilly sich nicht um Bettys Geschenk gekümmert. Erst die selbstgebastelte Karte von Heath hatte sie erinnert, dass da ja noch was anstand. Das gemeinsame Einkaufen hatte sich jedoch als Desaster erwiesen, denn keiner der Knilche schien es für nötig zu halten, auf Lilly zu hören

„Ich brauch so Elektroschocker“, stellte die fest. „Und jedes Mal, wenn einer ausbüchst, oder was anfasst, was er nicht soll...“ Ein böser Blick traf Evelyn. „Dann bssssst….“

„Weißt du“, sagte Evelyn nachdenklich, während Ryan schnaufend aufholte. „Vielleicht solltest du wirklich keine Kinder kriegen.“

 

Zu fünft crashten sie in ein Café, wo Lilly auf Bettys Weihnachtsbudget eine Runde Kuchen bestellte.

„Notwehr“, erklärte sie und schob die Teller in die Runde. „Also, Leute wir haben ein Problem. Ein großes Problem.“

„Du hast ein Problem“, berichtigte Angel.

„IHR ALLE“, erinnerte Lilly. „Ich schreib euch allen ein dramatisches leidvolles Ende! Und es ist keine Franzi hier, die euch den Hintern rettet.“

Achselzucken in der Runde. Man hatte sich bereits an den Sadismus der vier Mädchen gewöhnt.

„Fein.“ Lilly kniff die Augen zusammen. „Ich verkupple euch alle mit unmöglichen Partnern.“

Wenigstens Evelyn und Angel wurden eine Spur blasser.

„Das wagst du nicht“, zischte Evelyn. „Ich petz das alles Ivy.“

„UND...“, fuhr Lilly mit vollem Mund fort. „Ich behalte eure Weihnachtsgeschenke ein.“

Im Café blieb es kurz still.

„Der Grinch“, murmelte Heath mit einem Schaudern. „Es gibt ihn wirklich.“

Ryan hatte unterdessen seinen eigenen Kuchen aufgegessen und verputzte jetzt unbemerkt den von den Anderen.

 

„Also“, begann Lilly erneut. „Wir haben ein Problem. Es geht um Betty.“

Evelyn runzelte die Stirn. „Mögen wir die?“

„Ist das eine von den Netten?“, wollte auch Heath wissen.

„Hmmm.“ Lilly grübelte. „Ich mag sie.“

„Na, das ist ein ganz beschissenes Zeichen“, grunzte Angel und schlug Ryan mit der Gabel auf die Finger ohne hinzusehen.

„Kommt wohl auf ihren Tag an, wie sie zu euch ist“, sagte Lilly. „Zu mir ist sie immer nett. Jedenfalls brauchen wir ein schönes Geschenk für sie. Schön. Nett.“ Sie stockte kurz, dann drehte sie Angel den Rücken zu. „Ihr drei: Brainstorming.“

Evelyn räusperte sich. „In einer Stunde schließen die Geschäfte.“

„Nicht hilfreich“, knurrte Lilly. „Vorschläge, bitte.“

 

Mit einem Seufzen biss Evelyn in den sauren Apfel. „Ich hab noch diese Foto-Kalender. Zum Selber Basteln. Sind zwar vom letzten Jahr, aber who cares?“

„Scheiß-Idee“, sagte Lilly. Unter Zeitdruck wurde sie regelmäßig biestig. „Nächste.“

„Wir können ihr einen Brief schreiben“, sagte Ryan. „Mach ich immer mit meiner Mama. Dann unterschreiben wir alle und fertig.“

Selbst Angel blickte ihn jetzt entgeistert an.

„Was?“

Kopfschüttelnd wandte Lilly sich an Heath.

„Ich kann mir eine Schleife umbinden“, schlug er vor. „Und mich ausziehen. Das würde mir nichts ausmachen.“

Lilly rollte die Augen. „Kann denn keiner von euch mal für eine Sekunde...“ Sie stockte. „Warte… was hast du gerade gesagt?“

„Ich könnte mich… ausziehen?“, bot Heath erneut in schier endloser Selbstlosigkeit an. Lilly grinste. Ihr Blick wanderte zu Angel. Der verzog das Gesicht.

„Nein“, sagte er. „Egal, was es ist. Nein.“

Lillys Lächeln wurde noch eine Spur breiter. „Ich nehme alles zurück“, sagte sie. „Das mit dem Kalender ist eine tolle Idee. Und die Idee von Ryan mit dem Gemeinschaftsprojekt finde ich auch nicht schlecht.“

Evelyn begriff als erste. „Ich ruf Sky an, die hat ne Kamera und kann damit umgehen.“

„Und ihr alle.“ Lilly wedelte zu der Truppe. „Aufessen und mitkommen. Wir trommeln ein paar Leute zusammen und dann machen wir Betty einen schönen Foto-Kalender.“

 

Eine Stunde später hatte sich eine Gruppe Schüler in den Turnhallen zwangsversammelt. Heath hatte man nicht lange bitten, das Shirt zu verlieren, Ryan hatte sich in seinen schicksten Superhelden-Anzug geworfen und Evelyn trug ein wildes Kleid, während Lilly Angel aus dem Oberteil genötigt hatte.

„Von wegen Frauen werden objektiviert“, knurrte er. „Du reduzierst uns hier voll auf...“ Lilly schob ihm einen Muffin in den Mund.

„Klappe jetzt. Es ist Weihnachten. Heath, geh in Position… Sky… die Kamera!“

Die war voll in ihrem Element. „Mehr Attitude!“, brüllte sie. „Los, mehr Power! Dreh dich, ja, gib mir deine Schokoseite.“

 

Am Ende war ein Kalender zusammengestellt worden, für den zwölf Aldcrest-Schüler mehr oder minder freiwillig posiert hatten. Jungs und Mädchen und Sky hatte fleißig geknipst. Als Lilly gerade die Kordel um das Geschenkpapier knotete und die Unterschrift von Heath auf der Karte mit viel Tippex gegen ihre eigene ausgetauscht hatte, klingelte ihr Handy.

„Da ist Ivy“, erklang es aus der Leitung. „Mir ist zu Ohren gekommen, dass du im Besitz eines… hm… Objekts von hohem… persönlichem… Wert bist.“

„Meinst du den Kalender?“

„Ja, den.“ Ivy räusperte sich. „Stimmt es, dass da ein Foto von Cadie drin ist?“

Lilly seufzte. „Ich hab dir eine Kopie gemacht.“

„Bist die Beste. Kriegst Schokolade.“

 

 

Shopping für Lara

mit Derra, Lilia, Liam, Lauren und Franzi

 

Dicke Schneeflocken fielen wie Zuckerwatte auf den Boden, wurden größer und größer, bis ein unsägliches Getrampel das schöne Weiß durchbrach. Derra legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und streckte die Zunge heraus. Der Versuch, die zarten Flocken aufzufangen, den Geschmack des Winters wahrzunehmen.
„Es scheint! Es schneit!“ Liam hüpfte freudig im Kreis und zog Lilia an den kurzen Haaren, damit diese zumindest einen kurzen Blick gen Himmel warf. Doch stattdessen schrie sie auf und funkelte wütend in die Runde.
„Ich weiß wirklich nicht, womit ich das verdient habe.“
„Ich auch nicht“, knurrte Lauren zustimmend, war das erste Mal in ihrem Leben einer Meinung mit Lilia Grau.
„Wir könnten Lara ja auch ein Glas voll mit Schnee schenken?“, schlug Liam lachen vor. „Ich meine, wer liebt Schnee nicht!“
Lilia zog die Augenbrauen zusammen. „Bist du echt so doof, oder machst du nur so?“

Gemeinsam stapfte die Truppe weiter durch den Schnee, durch die Straßen von Aylescot. Bunte Lichterketten schmückten die Straßen, hier und da kam ihnen Plätzchenduft entgegen oder jemand sang schief eine Version von „Jingle Bells“, oder zumindest etwas, was man als dieses deuten konnte. Alle Zeichen standen auf Weihnachten. Und dementsprechend gestresst war auch Franzi. Nur noch … Tage. Die Uhr tickte. „Jetzt reißt euch bitte mal zusammen, okay? Wir müssen doch etwas Schönes für Lara finden. Die anderen haben sicher schon ihre Geschenke beisammen, bloß ich komme wie die alt Fasnacht an!“, jammerte sie voller Verzweiflung.
Mit hochgezogenen Schultern und einer roten Weihnachtsmütze auf dem Kopf trat Derra neben sie. „Wie die was? Ihr mit euren seltsamen Sprichwörtern. Und dieser Dialekt. Da soll mal einer was verstehen!“
„Also, was schenken wir ihr jetzt?“, fragte auch Lauren, der man sichtlich ansah, wie lange Franzi auf sie eingeredet hatte, mitzukommen.
„Vielleicht sollten wir mal überlegen, was wir über Lara wissen? Was ihr gefällt?“, schlug Liam vor.
Alle runzelten die Stirn. Grübelten. Dachten nach. Man konnte die Rauchwolke, die aufstieg, förmlich sehen.
„Etwas Lustiges!“
„Abgedreht!“
„Verrückt!“
„Typisch Lara eben!“, schloss Derra geistreich.

„Oh mein Gott!“, Liam kreischte regelrecht. „Da müssen wir rein. Das ist perfekt!“
Irritiert folgten die anderen seinem Blick und Lauren fing bereits an, Fluche vor sich hin zu murmeln. „Ganz sicher nicht! Da gehe ich nicht rein. Nie im Leben!“ Liam machte einen Schmollmund. „Ach komm schon, Wolfi. Tu’s für Lara!“
„Ich bezweifele stark, dass wir in diesem Laden irgendetwas finden, das Geschmack hat. Obwohl, wenn ich so über Lara nachdenken, dann…“
„Sag es nicht!“, unterbrach Franzi sie und stieß die Ladentür auf. Glöckchen klingelten, ein tiefes „We wish you a merry christmas“ ertönte und die Besucher wurden erschlag von all dem Rot, Glitzer und Kitsch. Der Inbegriff von Ramsch. Sämtlich unnötiges Zeug in einem Laden. Und von Geschmack weit entfernt.
Noch immer stand Lauren vor der Tür, die Arme vor der Brust verschränkt und den Kopf schüttelnd. Franzi trat noch einmal zu ihr.
„Vergiss es! Du hast mich schon dazu bekommen, hier her zu fahren. Diesen Laden tue ich mir nicht auch noch an!“ Und so musste sie einsehen, dass man Lauren besser nicht mitnahm zur Weihnachtsgeschenksuche.
Liam und Derra hingegen waren vollkommen in ihrem Element, tanzten durch die schmalen Reihen aus Regalen, stießen hier und da einen Weihnachtsmann in den schrillsten Farben um und brachte einen Ständer mit absolut hässlichen Postkarten zum Schwanken.
„Wie wäre es damit?“, fragte Lilia und hielt ein Plüschtier, das kaum näher identifizierbar war, in die Höhe. Auf dessen Kopf thronte eine lila Weihnachtsmütze mit Glitzerbommel.
„Ein Faultier!“ Derra fing herzhaft an zu lachen und auch Franzi musste mit einsteigen. Doch sprach bei ihr wohl eher die Verzweiflung. „Das ist so hässlich. Und kitschig! Und normalerweise bin ich ein Fan von Kitsch und von Weihnachten und Geschenken, aber…“ Ein Schluchzen wollte sich anbahnen, Liam legte bereits fürsorglich den Arm um Franzis Schultern.
„Wo ist meine Kamera?“ Hektisch wühlte Lilia in ihrer riesigen Handtasche. „Das muss festgehalten werden, Charrie wird ganz böse vor Neid und…“ Derra kniff das Mädchen in den Arm. Lilia kreischte kurz auf, beendete dann aber ihr panisches Gesuche.
„Also ich find das Faultier ziemlich lustig. Und Lara ist doch immer für einen Witz zu genießen.“
„Zu gebrauchen“, verbesserte Franzi ihn schniefend.
„Mein ich doch.“
Derra ergriff das Kuscheltier und steuerte die Kasse an. „Lasst den Onkel nur machen.“

Vor der Tür wartete bereits Lauren. Überraschenderweise breit grinsen. Lilia musterte sie misstrauisch. „Warum schaust du so blöd?“
„Tja, Grau, weil ich das ultimative Geschenk für Lara habe.“
Hoffnung strahlte in Franzis Gesicht auf, doch als sie in die Tüte, die Lauren ihr reichte, blickte, erstarb diese augenblicklich. „Was ist das?“, fragte sie gezwungen höflich.
„Alter, ist das dein Ernst? Du weißt nicht was das ist?“
Enthusiastisch hielt Liam den schwarzen Stoff in die Höhe, breitete ihn in der Luft aus und gab seltsame Geräusche, ähnlich wie qualvolle Schreie, von sich. „Huai! Awu! Nihau!“
„Jetzt hat er vollkommen den Verstand verloren!“ Lilias trockener Kommentar.
„Wie bist du an dieses Teil rang gekommen?“, fragte Liam fasziniert.
„Tja!“, Lauren grinste. „Ich hab dem Typen einfach gedroht, dass er es gleich mit einem ganz anderen Gegner zu tun bekommt!“
Beeindruckt nickte Liam. „Wow. Du bist gut!“
Noch immer verstand Franzi nicht, wovon die Rede war. Blickte verwirrt drein, bis Derra so gütig war und sie aufklärte. „Das ist der Manifasa200190.“
„Achso!“, Franzi nickte wissend, noch immer keinen blassen Schimmer, um was es sich handelte. „Ein Ninja-Kostüm, aus so einem schlechten Film!“, antwortete Lilia. „Furchtbar schlecht und definitiv nicht sehenswert.“ Wofür sich sie sich von Derra einen Seitenhieb einkassierte.

Franzi schüttelte bloß den Kopf und machte die Anstalt, sich Richtung Bushaltestelle zu bewegen. „Vielleicht sollte ich ihr doch lieber etwas backen. Kuchen kommt immer gut an. Mit Schokolade. Und Keksen. Oder Bier!“
„Aber nur wenn wir was abbekommen!“, rief Derra stellvertretend für die Gruppe.

 

Shopping für Larissa

mit Eijah, Tate, Rory, Janessa und Lara

 

Es war ein unvergleichlich schöner Dezembervormittag, als Lara mit Elijah, Tate, Rory und Janessa durch den Schnee in der Innenstadt stapfte. Genauer gesagt war es der 23. Dezember. Und sie musste Geschenke kaufen. Dringend.
„Okay, warum sind wir nochmal unterwegs, um dieser Larissa ein Geschenk zu kaufen?“, hakte Janessa genervt nach und rückte sich ihre lila Mütze zurecht.
„Weil sie toll ist“, entgegnete Lara und sah sich die Schaufenster an. „Und weil sie euch immer so schön quält.“ Sie kicherte und Rory schloss zu ihr auf.
„Hattest du schon irgendwas im Sinn, oder so? Ich meine, es ist der 23. Dezember, du musst dir doch schon irgendwelche Gedanken gemacht haben.“
Zögerlich nickte Lara. „Natürlich…. Natürlich…. Ich dachte an eine CD von… Justin Bieber?“
„Nicht dein Ernst“, sagte Elijah und schüttelte den Kopf. „Also hast du dir noch keine Gedanken gemacht.“
Lara zuckte mit den Schultern und sah sich nach Tate um, der staunend an einem Schaufenster stand.
„Alter, guckt euch das an“, meinte er und deutete auf eine Klopapierrolle. Eine pinke, leuchtende Klopapierrolle.
„… Was ist daran jetzt so interessant?“, fragte Lara und zog eine Augenbraue hoch.
„Das kann verdammt nochmal sprechen.“ Begeistert starrte Tate die Klopapierrolle an und hob eine Hand. „Hör doch!!“
Tatsächlich konnte man durch das Glas des Fensters ein leises „Ups, da hast du aber ein Ei gelegt!“ und ein „Mann, stinkt das!“ hören, wenn man sehr sehr genau aufpasste.
Laras Augen wurden größer.
„DAS ist das beste Geschenk EVER!!“
Und damit war zumindest ein Teil des Geschenks beschlossene Sache. Trotz Janessas und Elijahs Gemeckere und Rorys peinlich berührte Lache.

Nachdem Lara die Rolle gekauft hatte, machte sich die Gruppe weiter auf den Weg durch die Innenstadt. Langsam wurde es voller, scheinbar hatten noch andere Leute das Problem, noch absolut keine Geschenke für ihre Familie oder Freunde besorgt hatten.
„Hey, guck mal das hier!“, rief Rory und Lara blieb stehen, wobei Tate in sie hereinlief und eine ältere Dame anrempelte, die empört nach Luft schnappte.
Das Mädchen stand vor einem 1-Euro-Laden und hielt einen Button in die Luft, auf dem in dicker fetter roter Schrift Panic stand. Sie drückte einmal auf den Knopf in der Mitte und urplötzlich ertönte ein langgezogener hoher Schrei. Elijah zuckte zusammen und Janessa massierte sich die Schläfen.
„Warum kaufst du nicht etwas, was sie auch tatsächlich gebrauchen kann?“, fragte Elijah und verdrehte die Augen.
„Das kann sie sehr wohl gebrauchen“, entgegnete Lara und nahm Rory den Button aus der Hand. „Das kann man sicherlich als Toilettenspülung einbauen und in Kombination mit der sprechenden Rolle ist das doch voll geil.“

Elijah seufzte und klatschte Lara ein Lehrbuch über spanische Grammatik ins Gesicht, als sie an einem Laden vorbei kamen, der Schulbedarf anbot.
„Hier, du hast doch gesagt, ihr seid im gleichen Spanisch-Kurs.“
Angewidert starrte Lara das Buch in ihrer Hand an.
„Sowas sollte verboten werden“, murmelte sie und ging dennoch zur Kasse, um es zu bezahlen, während Tate hinter ihr her schlurfte und „Hasta lavista PENG PENG!“, herumschrie.

Die Gruppe streifte weiter durch die Stadt und irgendwann schaltete Janessa sich ein.
„Was genau wünscht sie sich eigentlich? Irgendwas muss sie doch gesagt haben.“
„Ja, sie hat gesagt, sie wünscht sich Nichts.“
„Sehr hilfreich“, grummelte Elijah und Janessa überlegte kurz.
„Du solltest zu Pladderfield gehen. Der kann dir ganz sicher damit dienen.“
„Mit Nichts?“, fragte Rory verwirrt nach und auch Lara starrte Janessa fragend an.
Diese grinste nur.
„Folge mir und staune.“

Als die Fünf beim Professor aufkreuzten, war der gerade damit beschäftigt, seine Reagenzgläser zu entstauben.
„Ah, kommt rein, kommt ruhig rein. Ich freue mich immer über Besuch.“
Als sie das Haus betraten, kamen in Lara plötzlich wieder alte Erinnerungen über die Geister-Storyline hoch und sie musste sich an einem alten Sofa abstützen.
Janessa beachtete sie nicht weiter und kümmerte sich ums Geschäftliche.
„Professor… Erinnern Sie sich noch daran, was sie letztes Jahr Abderrahim verkauft haben? Wir bräuchten das Gleiche.“
Tate machte große Augen.
„Oh mein Gott…“, flüsterte er. „Ich erinnere mich. Er hat mir das Teil geschenkt.“
„WAS hat er dir geschenkt, Tate?“, fragte Lara, die sich wieder gefangen hatte und war kurz davor, die Antwort aus ihm herauszukitzeln.
„Ah, ein Stückchen Nichts!“ Der Professor schien sich tatsächlich zu erinnern. „Da habt ihr Glück, ist gerade frisch rein gekommen! Ich geh es mal schnell für euch holen!“
Als er wieder zurück im Zimmer war, drückte er Lara ein Fläschchen in die Hand. Es war klein und rundlich und es befand sich tatsächlich… Nichts darin.
„Das ist jetzt der Joke?“ Lara war enttäuscht. „Das hätte ich auch selbst machen können.“ Sie wollte die Flasche gerade aufdrehen, als der Professor hastig einschritt.
„Nein, nein, bitte, schraub es nicht auf! Um Gottes Willen!“
„Da ist aber doch…. NICHTS drin.“
„Ja, Nichts! Du hältst abgefülltes schwarzes Loch in den Händen!“
Die Gruppe starrte einen Moment auf die Flasche, bis Lara schließlich zu Grinsen begann.
„Das, Janessa, ist gut. Sehr gut.“
„Sag ich ja“, meinte diese und klopfte Tate auf die Schulter. „Jetzt kannst du ihr wirklich Nichts schenken.“

Und so machte Lara sich bewaffnet mit den gekauften Geschenken zurück auf den Weg zum Schloss. Irgendwelche Sklaven würden sich schon finden, die ihr beim Einpacken helfen konnten. 

 

Shopping für Lilly

mit Erin, Sky, Blair, Ace und Larissa

 

„Lillys Wunschliste: ein Einhorn, was Blaues, unerträgliche Musicals mit fragwürdigem Inhalt, wahlweise Gangsta-Rap,..“, las Erin von ihrem Notizzettel ab, dann hob sie den Blick und schaute erwartungsvoll in die Runde. „Irgendwelche Ideen?“
Sky, Blair und Ace schauten sich ratlos an. „Erinner mich nochmal warum wir das überhaupt machen,“ seufzte Blair, während sie sich die Nägel lackierte, „Die Frau ist Teilzeit-Sadistin und wir sind ihr vollständig ausgeliefert. Ihr ein Weihnachtsgeschenk zu  machen grenzt stark an Stockholm-Syndrom, wenn du mich fragst.“
„Ist schon irgendwie heiß,“ grinste Ace und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
„Wir könnten ihr eine Einhornpinata schenken oder einen übergroßen Teddy mit Gangsta Brille oder einen komplett blaue Ganzkörperanzug.. mit Glitzer!!“, aufgeregt fuchtelte Sky mit ihren Händen in der Luft herum. Die spöttischen Gesichtsausdrücke der Umsitzenden ignorierte sie dabei geflissentlich.
„Ich weiß nicht Sky, das klingt alles so.. kindisch,“ sagte Blair gähnend.
„Wir reden hier von der Frau, die es für eine gute Idee hält mich mit Ace ausgehen zu lassen. Ich denke kindisch ist angebracht“, erwiderte Erin stöhnend und kassierte eine hochgezogene Augenbraue von Ace. „Ach Süße, mit mir auszugehen wird alles andere als kindisch werden, so viel kann ich dir versprechen“, lautete sein Kommentar dazu, was von einem anzüglichen Grinsen begleitet wurde.
„Nehmt euch ein Zimmer“, seufzte Blair.

Plötzlich wurde die Tür von Erins kleinem Zimmer aufgerissen und ein kleines sommersprossiges Mädchen stand im Türrahmen. In dem Versuch groß und stark zu wirken hatte sie die Hände in die Hüften gestemmt und das Kinn vorgeschoben. „Okay, wer hat Lust Weihnachtsmann zu spielen?“, rief Larissa erwartungsvoll in die Runde. Dann holte sie Weihnachtsmützen aus ihrem Jutebeutel und zwang jedem eine davon auf den Kopf. Die Gruppe stöhnte als sie Lillys Handlangerin erkannte.
„Das kann unmöglich ihr Ernst sein“, empörte sich Blair und zog sich angeekelt die Mütze vom Kopf und hielt sie mit spitzen Fingern  von sich weg. „Spielverderberin“, grummelte Larissa, traute sich aber nicht sich mit Blair anzulegen und ließ sie gewähren.
„Na los, raus hier, lasst uns Geschenke kaufen gehen!“, scheuchte sie, die vier Schüler auf und schob sie aus der Tür und durchs Gebäude.
Draußen schlug ihnen die kalte Winterluft entgegen und plötzlich waren alle froh um ihre aufgezwungenen Weihnachtsmützen, die sie sich tiefer ins Gesicht zogen. Alle bis auf Blair, die lieber erfror statt modischen Suizid zu begehen.
„W..wohin gehn wirrr?“, fragte Erin zitternd. „Zum aldcrest'schen Weihnachtsmarkt!“, lautete die Antwort und geschlossen begab sich die Gruppe runter ins Dorf.

Dort angekommen staunten sie nicht schlecht, als sie Aldcrest völlig verzaubert wiederfanden. Der Schnee glitzerte auf den Dächern, Lichterketten spendeten warmes Licht und wo man hinging hörte man Weihnachtsmusik. Die Jugendlichen waren begeistert. Ace pfiff einer Weihnachtsfee in knappen roten Kleidchen hinterher, was ihm ein Augenrollen von Erin einbrachte.
„Neidisch?“, fragte er zwinkernd.
„Angewidert“, erwiderte Erin.
Stolz klopfte Larissa dem Mädchen auf die Schulter und verkündete dann: „Okay Kinder, wir müssen systematisch vorgehen, also..“, sie stockte mitten im Satz „Wo zum Teufel ist Sky?“
Die drei Verbliebenen zuckten mit den Achseln.
„Verdammt“, fluchte Larissa, „Wehe sie rennt wieder so nem dämlichen toten Hasen hinterher!“
Nervös lief sie auf und ab und warf ein paar Schneebälle nach nervigen Kindern um sich zu beruhigen.
„Sie kommt bestimmt bald wieder“, versuchte Erin zu trösten.
„Nicht wenn sie schlau ist“, murmelte Ace.
„Na dann hätte sich das ja geklärt“, bemerkte Blair spitz und tatsächlich sah man in der Menschenmenge Skys langen Pferdeschwanz auf sie zu kommen. Vor sich her balancierte sie ein Tablett voller Tassen.
„Ho Ho Ho meine Mitwichtel“, rief sie aus, als sie bei den Anderen ankam, „Ich wusste nicht, was ihr mögt und habe einfach dreimal Glühwein und zweimal Glühbier mitgebracht. Zur Stärkung der Gruppenmoral.“
Sofort schnappte sich jeder eine Tasse  und nahm gierig einige Schlucke. Vielleicht hatte man Sky vorschnell verurteilt.
Nachdem alle, also Erin und Larissa, sich fleißig bedankt hatten, schlenderten sie los in der Hoffnung nicht auf den blauen Ganzkörper-Glitzeranzug als Plan C zurückgreifen zu müssen.
Lilly hatte was besseres verdient.

Nach einer guten Stunde hatten die Freunde (Die Autorin gibt sich hier der Illusion hin der Glühwein habe alle zu Freunden gemacht und ist sich vollkommen bewusst, dass sie für diese anmaßende Wortwahl noch wird bezahlen müssen.) immer noch kein passendes Geschenk gefunden. Keiner von ihnen hatte das Gefühl, dass unter all den Handschuhen, Socken und Holzfiguren das Richtige dabei war.
„Glaubt ihr der passt ihr?“, fragte Ace und hielt einen kleinen blauen Spitzentanga in die Höhe, den er  beim durchwühlen eines Klamottenstandes gefunden haben musste. Blair ließ ein Schnauben hören und Erin lief rot an. „Ist es überhaupt legal so etwas hier zu verkaufen? Denkt doch an die Kinder..“, wunderte sich Sky und sah sich besorgt nach jenen um.
„Das nennt sich sexuelle Früherziehung. Hast du anscheinend nie erhalten.“, merkte Blair an und musterte die Hawaiianerin abfällig.
Sky wollte gerade etwas erwidern, als Larissa sich zwischen die beiden stellte: „Hey! Seid gefälligst nett zu einander. Wir sind doch alles Freunde!“ Unter den Todesblicken der beiden Angesprochenen begann das ohnehin schon schwache Lächeln des Mädchens zu gefrieren und es ließ ein frustriertes Grummeln hören.
„Ich hab den passenden BH gefunden!!“, verkündete Ace aufgeregt und da wurde es dem Mädchen zu viel. Sie packte den Jungen am Arm und zog ihn mit sich mit. „Das reicht jetzt. Wir schenken ihr keine Unterwäsche!“, sagte sie bestimmt und ließ ihn erst einige Stände weiter wieder los. Die Anderen waren ihnen mürrisch gefolgt.
„Der hat sogar geglitzert“, protestierte Ace und ließ den Kopf hängen.
Genervt raufte Larissa sich die Haare. Das hatte sie sich irgendwie leichter vorgestellt.
Sie atmete tief durch und begann ihre Motivationsrede, die sie sich als Plan B bereits zurechtgelegt hatte: „Reißt euch zusammen Leute, denkt doch mal an alles, was Lilly schon für euch getan hat. Dafür hat sie echt etwas mehr Motivation verdient. Sie hat euch Leslie gegeben! Und Zauberkräfte! Und Freunde.. was bei  einigen von euch *hust*Blair*hust* nun wirklich nicht selbstverständlich ist. Ace ist noch nicht von der Schule geflogen! Sie hat euch noch nicht umgebracht! Und euch dämlich kitschige Klischees rundum das freundliche Einhorn erspart! Außerdem...“ „Einhorn!!“ rief plötzlich Sky dazwischen und unterbrach damit, zur Erleichterung aller Anwesenden, diesen Vortrag. Sky zeigte mit dem Finger auf den Stand hinter Larissa und als das Mädchen sich umdrehte merkte sie, was sie meinte. Ein großes blaues Stoffeinhorn wurde zum Verkauf angeboten und ein Blick in diese boshaften Einhornaugen genügte um die Jugendlichen vom Kauf zu überzeugen.
Einige graue Haare und ein Einhorn reicher liefen sie weiter über den Weihnachtsmarkt.
„Irgendwas fehlt noch“, sprach Erin aus, was alle dachten. Denn obwohl keiner von ihnen es zugeben wollte, hatten Larissas Worte Eindruck hinterlassen. Lilly hatte was besseres verdient. Für Leslie und ihre Kekse. Und nach Gran nahm es auch keiner mehr als Selbstverständlichkeit an am Leben zu sein. Es war also besser die Autorin nicht zu verärgern.
„Darf ich die Liste nochmal sehen“, fragte Ace plötzlich und widerstandslos drückte sie ihm diese in die Hand. Aufmerksam studierte er die Worte und plötzlich lächelte er. „Ich hab ne Idee“, sagte er und machte ein Handzeichen ihm zu folgen.
Da eine Idee momentan mehr war als sonst jemand hatte, folgten sie ihm ohne Fragen zu stellen.

Bis sie auf einmal vor der Eingangstür des schiefen Hauses von Adelphos Pladderfield standen.
„Ace, was tun wir hier?“, fragte Erin, die nun nicht mehr nur von der Kälte zitterte.
„Wie gesagt, ich hab ne Idee.“, erklärte Ace. Als er merkte, wie blass Erin geworden war fügte er hinzu: „Beruhig dich, da fliegen schon keine durchgeknallten Seelen rum. Nicht mehr. Versprochen.“ Er lächelte ihr ermutigend zu und betätigte dann die Klingel.
Es dauerte eine Weile, bis die Tür geöffnet wurde und der Professor persönlich in Bademantel und Flip Flops im Türrahmen stand. „Ace“, murmelte er verwundert, „Was machst du denn hier? Ich hatte dich erst in ein paar Wochen erwartet.“
„Du kennst diesen Irren?“, fragte Blair abschätzig und auch Sky machte einen Schritt zurück.
„Darf ich vorstellen; mein Onkel. Stellt euch nicht so an.“, sagte Ace und verdrehte die Augen.
„Ich hab ne Bitte an dich, dürfen wir reinkommen?“, wandte er sich an seinen Onkel und als dieser zögerte fügte er hinzu: „Du schuldest mir was.“
Pladderfield zuckte merklich zusammen und trat rasch einen Schritt zur Seite und gebot ihnen einzutreten. Beschützend hielt Sky sich das Einhorn vor ihre Brust und auch die Anderen mussten schlucken als sie eintraten. Das Wohnzimmer war überraschend einfach eingerichtet. Es schien als verbringe der Professor hier nicht sonderlich viel Zeit. Ace unterhielt sich etwas Abseits von der Gruppe mit seinem Onkel und zeigte zwischendurch immer wieder auf das Einhorn in Skys Arm.
Die fünf schnappten nur Wortfetzen wie „Duschen“ und „Gangsta-Rap“ auf.
Die beiden schienen sich schließlich geeinigt zu haben und kamen auf sie zu.
„Okay, er hilft uns, gib mir das Einhorn“, sagte Ace schließlich.
„Was hast du damit vor?“, fragte Sky misstrauisch und ließ sich nur äußerst widerwillig das Kuscheltier abnehmen.
„Lass dich überraschen“, grinste Ace und verschwand mit dem Professor durch eine Hintertüre.
In angespanntem Schweigen warteten die Übrigen auf deren Rückkehr. Sie wollten so schnell wie möglich aus diesem Haus raus. Irgendwie war es unheimlich.

Schließlich öffnete sich die Tür und ein triumphierend lächelnder Ace, mit einem Einhorn unter dem Arm kam heraus. „Wir können“, sagte er und peilte die Tür an, „Onkelchen ist duschen. War auch dringend nötig, wenn ihr mich fragt.“
Damit war er aus der Tür und die vier Mädchen folgten ihm. Einige Meter vom Haus entfernt hielt er an und drückte Erin das Einhorn in die Hand. „Sag mal was zu ihm“, forderte er sie auf und wirkte dabei beinahe süß. Wenn es nicht Ace wäre, der es schaffte ihr dabei unaufgefordert durch die Haare zu gehen. Böse funkelte sie ihn an: „Wieso sollte ich mit einem Stofftier reden. Für wie blöd hältst du mich? Und lass meine Haare in Ruhe.“
Ace antwortete nicht, sondern grinste bloß. Und plötzlich fing das Einhorn an zu rappen:
Ey was soll isch labern mit nem Tier wie dir. Für was fürn Lappen hältst du misch? Tatsch meine Haare an, dann Showtime Bitch.
Vor Schreck ließ Erin das Einhorn in den Schnee fallen. „Hat es gerade.. hat es..“, stammelte Erin, aber Ace fiel ihr ins Wort: „Deine Worte in Gangsta-Rap übersetzt? Ja hat es. Lilly wird es lieben.“
Sky stand der Mund offen: „Krass. Ein Gangsta-Rap-Converter. In Einhornform. Ich will auch.“
Larissa nickte bloß anerkennend, nur Blair zeigte sich unbeeindruckt: „Und wessen arme Rapper-Seele musstest du dafür darin einsperren?“

 

 

Shopping für Franzi

mit Ben, Cadie, Ishan, John und  Lilly

  

Es war der 24. Dezember, als das Chaos losbrach. Der 24. Heiligabend. Nicht der 23, nicht der 22… nein. Es war Heiligabend. Und Lilly saß bereits im „Fuck-off“-Shirt, Jogginghosen und Protest-Haargummi mit Einhornkopf in ihrem neongrünen Sitzsack und hatte mit der Welt für den Rest des Dezembers abgeschlossen. Sogar den BH war sie ganz im Riley-Stil losgeworden. Lilly war gerade dabei die nächste Staffel einer Kinderserie einzulegen, bei der ein sprechendes gelbes Dreieck die Weltherrschaft an sich riss, als es klopfte.

„Ich bin nicht da!“

„Ich kann dich hören, Lilly.“

„Ich bin trotzdem nicht da!“

Ein Seufzen erklang. Dann wurde die Tür todesmutig geöffnet, und drei Jungs mit einem Mädchen im Schlepptau trippelten ins Zimmer. Böse schob sich Lilly die Brille auf die Nase und betrachtete die Eindringlinge. Ben war todesmutig an den Sitzsack herangetreten, Ishan lehnte am Türrahmen, während Cadie sich einfach auf Lillys Matratze schmiss und Platz für John machte.

„Was wollt ihr hier?“, wollte Lilly misstrauisch wissen. „Brennt die Schule oder so?“

„Pah“, machte Ben. „Ivy brennt.“

Lilly richtete sich auf und schaltete wortlos den Fernseher auf lautlos.

 

„Betty ist krank“, fasste John schließlich die Lage zusammen. „Und sie wollte sich um Franzis Geschenk kümmern.“

Lilly wurde blass. „Oh nein“, murmelte sie.

„Und Ivy ist jetzt in Rage“, formulierte Ben den Umstand Mal vorsichtig. „Sie sagt, wenn Franzi kein Geschenk kriegt, dann reißt sämtliche Mauern ein und macht Aldcrest dem Erdboden gleich.“

„Kann sie das überhaupt?“, wollte Ishan mäßig interessiert wissen.

„Es ist Ivy“, brummte Lilly. „Natürlich kann sie.“

Dann wedelte sie mit der Hand zu Ben. „Zieh mich hoch“, verlangte sie. „Wir gehen jetzt Franzis Weihnachten retten. Und unser Leben.“

„Och Mann“, seufzte Ishan mit wehmütigem Blick auf den Fernseher. „Gerade hat das Dreieck die Stadt mit magischen rosa Bubble-Blasen beworfen, in denen die Zeit verkehrt rum läuft.“

Lilly rollte die Augen. „Geht eh schlecht aus“, sagte sie. „Kommt jetzt, bevor Ivy uns alle umlegt.“

 

Zu fünft hockten sie schließlich über Lillys Laptop, bei dem die Tastatur von den vielen Kekskrümeln knirschte. Ohne hinzusehen schnippte Lilly einen Brösel vom Touchpad.

„Also… irgendwelche Ideen? Schlagwörter?“

„Ich hab gehört, in Russland gibt es irgendwo Fluchtbunker unter dem Eis.“

„Für Franzi?“

„Nein, für uns.“

„Wenn du glaubst, so ein Bunker und ein paar Tonnen Eis halten Ivy auf.“

„Okay, können wir uns mal auf Franzi konzentrieren?!“ erinnerte Lilly, die schon die ganze Zeit die Nervosität im Nacken hatte und sich ständig umdrehte. „Also, Input, Ideen, los!“

 

Stille.

Stille.

Stille.

 

„Ein… Gutschein vielleicht?“, schlug Ishan vor. „Für ne Massage oder so?“

„Dein Ernst?“

„Was weiß ich?!“

„Mann!“ Lilly klickte sich durchs Web. „Sie hat nen Blog, das ist doch nicht so schwer!“

„Hat sie?“, machte John. Wieder beugten sich alle durch den Bildschirm. Lilly klickte. Scrollte.

„Warte, halt!“, protestierte Ishan.

„Hast du eine Idee?“

„Nein, ich wollte die Buchkritik zu Ende lesen.“

Cadie verpasste ihm eine Kopfnuss. „Schweden“, sagte sie und deutete auf die Bilder. „Sie mag Schweden. Sie mag gute Bücher. Sie mag Kakao. Sie mag Natur. Schnee. Und Glitzer. Und Träume.“

„Hm“, machte Lilly. „Hm.“ Dann packte sie sich Cadie und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Die nickte und verschwand aus der Tür.

„Mir gehen echt die Ideen aus“, murmelte Lilly. „Und Ivy sitzt uns im Nacken. Kann jemand von euch stricken oder so?“

Ishan hob die Hand. „Der Junge steckt voller Überraschungen“, murmelte Lilly

„Aber nicht gut“, warnte Ishan, während Ben auf Lillys Wink eine Kiste mit Wollfusseln aus einem Schrank mit der Aufschrift „Zeug“ zog. „Das ist immer so 50:50, was am Ende dabei rauskommt. Ein bisschen wie Lotto.“

„Mah, jeder mag Überraschungen.“ Lilly zog Ben und John wieder zu sich und klickte sich weiter durch die Tiefen des World Wide Web.

 

Es wurde später und später. Ishans Stricknadeln klapperten, Cadie war noch immer nicht zurück und die verbleibenden drei wurden immer unruhiger.

„Wein“, sagte Lilly schließlich.

„Meinst du, trinken hilft jetzt?“, hakte John noch.

„Nein, für Franzi“, wandte Lilly ein. „Aber guter Punkt, John. Fein mitgedacht.“ Sie wühlte in einem pinken Geldbeutel mit Wackelaugen, der wohl das Budget enthielt. „Hol Franzi und uns einen Wein. Und bring Kekse mit.“

Seufzend griff John nach seiner Jacke. „Das da draußen ist ein halber Blizzard.“

„Dann zieh dir besser zwei Schals an“, half Lilly gutmütig aus. Die Tür fiel ins Schloss und lediglich sie und Ben blieben zurück.

 

Die Zeit zog sich dahin und die Bescherung rückte in drohende Nähe. Dämmerung senkte sich herab, Ishan war bei seinem siebten Energydrink und Ben und Lilly teilten sich wie die Junkies einen Kaffee.

„Glitzer“, murmelte Ben und rieb sich müde die Augen, während Ishan im Hintergrund erwog sich mit den Stricknadeln aufzuspießen.

„Glitzer“, bestätigte Lilly. „Ne Schneekugel oder so?“

„Ne Schneekugel“, murmelte Ben. „Und was packen wir rein?“

„Aldcrest?“, schlug Lilly etwas lahm vor.

„Wie wärs mit irgendeinem schwedischen Häuschen?“, sagte Ben. „So, rotes Dach, rote Fensterchen und ein Zaun.“

„Gekauft“, sagte Lilly. „Und wo kriegen wir sowas her? Auf die Schnelle? In...“ Sie sah auf die Uhr. „45 Minuten?“

„Wir müssen wohl an ein paar Strippen ziehen“, murmelte Ben düster.

 

Der erste Anruf ging bei Isa rein.

„Hey, hier ist Ben.“

„Oh.“ Isa, die gerade in der Küche einen Kakao kochte und ihrer Mutter wortlos einen Schuss Rum hineintat, lächelte ungesehen. „Was brauchst du?“

„Ein bisschen magische Hilfe?“, kam es zerknirscht vom anderen Ende. „Ist für Franzi.“

„Ach so“, sagte Isa. „Sag das doch gleich.“ Sie schob den Kakao und die Flasche zu Wyn, dann stieg sie in ihre Stiefel.

 

Auch bei Tate klingelte das Handy und er hatte sich gerade sein Weihnachtsbier öffnen wollen, ließ den Flaschenöffner sinken und hob seufzend ab.

„Ishan“, murrte er. „Ich hoffe, es ist was Wichtiges.“

„Hast du nicht irgendwo diese komischen bunten Gläser, in denen du dein Gras bunkerst?“

Tate runzelte die Stirn. „Woher weißt du das?“

„Du redest viel, wenn du zu bist. Also?“

In einer Verrenkung öffnete Tate die Flasche. „Wozu brauchst'n du das?“

„Für Franzi.“

„Oh.“ Tate setzte das Bier ab. „Sag das doch gleich. Ich bin in zehn drüben.“

 

Ein weiterer Bruder rief seine Schwester an. „Erin“, sagte er. „Es ist ein Notfall. Es geht um unsere Mutter.“

„Welche?“, fragte Erin trocken, die mit beiden Händen in Keksteig steckte. „Die Sadistische? Die Träumerin? Oder unsere Leibliche?“

„Franzi.“

„Ah“, machte Erin. „Und weiter?“

„Ishan hat ihr eine Mütze gestrickt. Hab dir das Foto aufs Handy geschickt.“

Erin stockte. Wischte sich die Hände an der Schürze ab und lud Tattle-Duck.

„Das ist eine Mütze?“, japste sie.

„Hmhm“, machte John. Die Schürze flog in die Ecke.

„Ich bin unterwegs“, knurrte Erin.

 

Der letzte Anruf trudelte bei Angel ein und der war not amused.

„Hallo, Angel“, flötete Lilly. „Hast du gerade eben...“

„Nein.“

Lilly seufzte. „Es dauert auch nur ganz kurz. Und du kriegst Wein.“

„Nein.“

„Es ist für Franzi.“ Stille. Lilly schöpfte Hoffnung und setzte ihr zweites Argument nach. „Und wenn wir das nicht fertig kriegen, dann bringt Ivy uns alle um.“

Irgendetwas raschelte.

„Was war das?“, wollte Lilly besorgt wissen.

„Meine Jacke. Bin in zehn da.“ Dann wurde aufgelegt.

 

Das kleine Zimmer war langsam voll geworden.

John war mit einer Kiste Wein zurückgekehrt und hatte ausgeschenkt und um eine davon, die nicht ganz so illegal aussah, eine schiefe Schleife gebunden. Ben und Isa klebten hochkonzentriert vor einem kleinen Deckel und murmelten irgendwelche dramatischen Worte, die wie verstümmeltes Latein klangen, während unter ihren Händen Knetmasse sich selbst formte. Ishan wühlte sich durch Tates bunte Gläsersammlung und Tate hatte sich ein Poliertuch gegen den Staub gepackt. „Riecht halt ein bisschen“, sagte er.

Erin hatte stillschweigend begonnen Ishans gestrickten Unfall auszubessern und ein paar Maschen, die er unterwegs verloren hatte, wieder anzunähen. Und auch Angel war mit einer bescheuert aussehenden Zipfelmütze aufgetaucht und begonnen eine kleine Kiste mit Kunstschnee und Glitter zu verhexen.

In all das Chaos platzte schließlich auch noch Cadie, hoffnungslos eingeschneit. „Ich hab es“, sagte sie stolz. „Ich musste echt ewig rumdiskutieren, aber ich habs geschafft.“

„Fein“, lobte Lilly und reichte ihr ein Weinglas herüber. „Dann Endspurt alle Mann, die Uhr tickt.“

 

Als es dämmrig wurde, da schlug in letzter Sekunde die Tür zum Weihnachtszimmer zu. Unter dem Weihnachtsbaum war eine Schneekugel aus blauem Glas zurückgeblieben von der Größe einer Hexenkugel, in der magischer Schnee um ein kleines Haus mit rotem Dach und roten Fensterläden wirbelte. Auf einer illegal erworbenen Flasche Wein thronte eine handgestrickte Zipfelmütze mit Bommel und unter einem Tuch leuchtete in einem weiteren Glas schwach ein Irrlicht aus dem Wald. Wenn man genau hinhörte, war fast so etwas wie ein Kichern von ihm zu hören. Oder ein geflüstertes „Frohe Weihnachten.“

 

Im Zimmer von Lilly stemmte Ivy die Hände in die Hüften und blickte auf das Chaos von Farbe, Wollresten, Gläsern, Glitter und leeren Weingläsern.

„Na, also“, sagte sie und zupfte Tate eine verirrte Kunstschneeflocke aus dem Haar. Geht doch.“